23.5.2023
Regeln zur Testamentsberatung
Das Testament ist schwieriger und differenzierter als Erben gemeinhin annehmen; manche Auswirkungen vermeintlich
einfacher Anordnungen eines Testaments überraschen selbst Anwälte ohne Testamentspraxis, und es passiert, dass
Auswirkungen übersehen werden.
Die Nachlassgerichte bevorzugen die praktisch weniger revelanten rechtlichen Probleme und sie vernachlässigen dann
die wichtigen Fragen zum Erbrecht. Rechtlich komplex sind die Vorerbschaft und die Nacherbschaft und das
Vermächtnis; weiter das Pflichtteilsrecht zur Ausgleichspflicht, zur
Pflichtteilsergänzung
wegen Schenkungen und
zur Minderung des Pflichtteils durch Schenkungen an den Berechtigten wie auch das gemeinschaftliche Testament.
Auch denken der Erblasser und sein Rechtsberater nicht an die eventuell ungewöhnliche Reihenfolge des Ablebens
beteiligter Erben, und nicht an Vermögensveränderungen zwischen der Errichtung des Testament und dem Tod des
Erblassers durch Erwerb im Wege der Erbfolge, durch eigene Vermögensverfügungen, durch Schenkungen an künftige
Erben und durch hohe Ausgaben aus Anlass von Pflegschaft und Betreuung.
Das Ableben kurz nacheinander kann Ketten von Erbfällen mit unbefriedigendem Ergebnis und hohen Erbschaftssteuern
auslösen. Es gibt dafür einige Regeln, die sich an Mängeln im Testament in der Praxis orientieren:
Eine langfristig motivierte Regelung über die konkreten Nachlassgegenstände über den Tod hinaus ist problematisch.
Der Erblasser zweifelt an der Testierfähigkeit seiner Nachkommen und plant alle Eventualitäten bis zur
übernächsten Generation durch, aber das Verhalten der Familie läuft anders ab. Oft wird das Gegenteil des
Erstrebten bewirkt, wenn die Nachkommen nicht auf anwaltliche Hilfe vertrauen. Der anwaltliche Berater soll darauf
hinwirken, dass einengende Verfügungen in rechtlich unverbindliche Wünsche, Mahnungen und Erbverträge umformuliert
werden. Demgegenüber stellen Erblasser auf die konkreten Verhältnisse und Vermögensteile im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung ab. Sie haben die Neigung, ihre Habe Stück für Stück jeweils den Erben zuzuführen, die diese
zu schätzen wissen, solange sie nicht mit dem Pflichtteil abgefunden werden.
Das Testament
Das Testament muss Klarheit darüber schaffen, wer Erbe und damit Gesamtrechtsnachfolger ist, bei mehreren Erben zu
welchen Bruchteilen jeweils, und wer dann entsprechend auch anteilmäßig die Nachlassverpflichtungen zu erfüllen
hat. Bei konkreter Anordnung betreffend einen Vermögensteil muss deutlich zum Ausdruck gebracht werden, ob er
wertmäßig auf den Erbteil des Begünstigten angerechnet werden (Teilungsanordnung), oder dem bedachten Erben vorab
zufallen (Vorabvermächtnis), oder ob ein Nichterbe ihn von dem Erben herausverlangen soll (Vermächtnis).
Unklarheiten dazu finden sich auch in von Anwälten aufgesetzten
Testamenten,
die Juristen mitformuliert haben. Fehlerhaft ist auch ein Übermaß an Vermächtnissen, welche das Erbe des Erben
weitgehend aufzehren. Das Nachlassgericht muss in solchen Fällen mit Feststellungen und Bewertungen
Vermächtnisberechtigte korrigierend zu Erben machen.
Für die Ehefrau und die Kinder des Erben ist die gesetzliche Regelung unzweckmäßig, wenn sie der Ehefrau
einerseits zu wenig gibt, da die
Rendite aus dem Erbe
möglicherweise nicht ausreicht, andererseits zuviel, da ein zweiter Ehemann nichts aus dem Nachlass des ersten
erben soll.